Die „hybride Kriegsführung“ ist derzeit in aller Munde. Doch wofür steht der Begriff? Was soll ein „hybrider Krieg“ bezwecken? Welche Gefahren drohen uns? NotfallGui.DE klärt auf!
Mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine kehrte der Krieg nach Europa zurück. Ende 2024 herrscht im flächenmäßig zweitgrößten Staat des Kontinents seit über 1.000 Tagen Blutvergießen. Ein Ende ist derzeit (noch) nicht in Sicht. Schlimmer noch: Auch das restliche Europa – damit Deutschland – stehen im Visier Russlands. Nicht offiziell, sondern quasi im geheimen. Hybride Kriegsführung nennen das Experten. Kein echter Krieg, aber auch kein wirklicher Frieden.
Was versteht man unter hybride Kriegsführung?
Krieg? Frieden? Was denn nun? Der „klassische“ Krieg setzt auf pure Gewalt. Soldaten, Kanonen, Haubitzen, Panzer, Bomben, Raketen. Mittlerweile außerdem auf den massiven Einsatz von Drohnen aller Art. Egal ob zur Aufklärung oder für Kamikaze-Einsätze. Ein hybrider Krieg zielt obendrein auf Wirtschaft, Infrastruktur (Energie, Bahnhöfe, Autobahnen etc.) sowie Desinformation. Propaganda. FAKE NEWS. Besonders auf Social Media. Da ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj plötzlich Milliardär. Seine Frau kauft in Frankreich einen Bugatti für vier Millionen Euro. Und überhaupt: Die wirklichen Kriegstreiber sitzen nicht in Moskau, sondern in Washington, London, Paris, Berlin.
Das ist die hybride Taktik. Das Ziel ist gar nicht mal Zerstörung. Sondern die Destabilisierung demokratischer Gesellschaften. Die Beeinflussung der öffentlichen Meinung. Das funktioniert nicht? Oh doch! Das funktioniert – und zwar sehr gut. Denn gerade Demokratien bieten solchen hybriden Angriffen unheimlich viel Angriffsfläche. Anders formuliert: Wie sind für den hybriden Krieg sehr empfänglich. Damit extrem verwundbar.
Keiner war’s: Angriffe werden verschleiert
Das Besondere an solchen hybriden Angriffen ist aber gar nicht mal die Methode. Sondern die Verschleierung der Angriffe. Keiner war’s. Es gibt keinen Angreifer. Weil die Täter anonym handeln. Oder die Täterschaft rigoros abstreiten. Inoffiziell ist daher meist schon klar, wo die Spuren hinführen. Selbst wenn die Täter sehr kreativ und ebenso koordiniert sind.
Fakt ist: Die hybride Taktik geht auf. Es gibt oft keinen eindeutigen Angreifer. Entsprechend fällt Gegenwehr schwer. Zumal die hybride Kriegsführung unberechenbar ist. Wo erfolgt der nächste Angriff? Wann? Wie? Das Warum – siehe oben – ist dagegen geklärt. Desinformieren. Verwirren. Verbreiten von Angst und Panik. Oder einfach mal ein Internet-Überseekabel kappen. Was dann natürlich Unfälle sind.
Kein Krieg: Was heißt ein hybrider Angriff?
Eine hybrider Angriff ist jedenfalls kein „heißer“ Krieg. Keine nackte Gewalt mit Granaten, Raketen, fremden Soldaten. Es ist eher die Schwelle davor. Ohne wirklich noch Frieden zu haben. Aber eben auch nicht offiziell Krieg.
Da überrascht es nicht, dass die Ziele der (anonymen) Angreifer meist im Cyber-Raum liegen. Also im Internet. Tatsächlich sind Cyber-Attacken mittlerweile die größte Gefahr überhaupt. Zum einen, weil heute quasi nichts ohne das Internet funktioniert. Zum anderen, weil gerade im Netz die Verschleierung so extrem einfach ist.
Zumal die Angreifer nicht mal wirklich einen Schaden anrichten müssen. Kampagnen zur Desinformation boomen wie nie. So unterhielt zum Beispiel der mittlerweile „verstorbene“ Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin in St. Petersburg eine regelrechte Troll-Armee. Deren einziges Ziel war das Stiften von Unruhe. Trollen eben. Entsprechende „Kampagnen“ beginnen schon damit, auf Social Media gezielt Diskussionen anzuheizen. Und enden bei Manipulation, glatten Lügen und mitunter hanebüchenen Fake News.
Eben das ist der große Unterschiede zwischen einem traditionellen, heißen und einem hybriden Krieg. Online und vor allem in sozialen Netzwerken will man verwirren, schwurbeln, aufwiegeln. Oder um es ganz böse zu sagen: Das System demokratischer Staaten für eigene Zwecke zu missbrauchen. Denn in dieser Hinsicht arbeitet die Demokratie tatsächlich gegen uns. Die Bevölkerung wird aufgehetzt und richtet sich irgendwann gegen die eigene Regierung. Mit etwas Glück gewinnt dann bei der nächsten Wahl eine „freundlichere“ Partei.
Vernetzte Sicherheit gegen die hybride Kriegsführung
Immerhin: Europa scheint die Gefahr durchaus zu erkennen. Schon das Weißbuch 2016 sah die hybride Kriegsführung als Gefahr der Sicherheitspolitik. Ein Wunder? Nicht unbedingt. Schließlich begann der ukrainisch-russische Krieg nicht erst 2022. Sondern bereits 2014, als Russland völkerrechtlich die Krim annektierte und den Donbass aufwiegelte. Wobei Putin und Co. bis heute eine Einmischung in den (angeblichen) „ukrainischen Bürgerkrieg“ abstreiten. So geht hybrider Krieg.
Europa jedenfalls will der Gefahr mit vernetzter Sicherheit begegnen. Internationale Konflikte will man gemeinsam aus- bzw. im Bestfall gar nicht erst entstehen lassen. Dafür gründeten etliche EU-Staaten und die Nato das „Zentrum für hybride Bedrohungen“ mit Sitz im finnischen Helsinki. Dieses soll Strategien gegen Cyber-Attacken, Propaganda und Desinformation entwickeln.
Wobei das allein kaum ausreichen dürfte. Entsprechend muss sich auch der zivile Bereich aufstellen. Eine vorausschauende Minderheiten-, Bildungs- und Wirtschaftspolitik soll Unzufriedenheit in der Bevölkerung vorbeugen und diese somit weniger anfällig für Propaganda machen. Unternehmen, Bildungseinrichtungen und Behörden müssen wiederum massiv in (Online)Sicherheit investieren.
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